Wohlbefinden bei Selbstständigen

Kennen Sie diese Werbeslogans: Welcher Typ sind Sie? Eule, Delphin, Rot, Blau, Grün? In der Psychologie sind solche Klassifizierungen häufig nicht anerkannt. Häufig auch wegen mangelhafter Forschnugsgrundlage. Einen Beginn solcher Typisierungen können Clusteranalysen bilden. Dabei werden Antwortmuster aus Datensätzen herausgesucht. Solche Analysen werden häufig bei großen Panel-Untersuchungen durchgeführt, bei denen viele Daten zu Verfügung stehen, wie die Shell-Studie (Albert & Shell Deutschland Holding GmbH, 2015) . Genau so etwas haben Bujacz, Eib und Toivanen (2019) bei Selbstständigen einer Panel-Untersuchung gemacht. Da die hohe Autonomie und Unsicherheit bei dieser Personengruppe eine Belastung darstellen kann (van Gelderen, 2016), wurden acht Aspekte des Wohlbefindens untersucht.

Warum Wohlbefinden?

Wohlbefinden spielt gerade hier auf dem Blog eine große Rolle. Immer wieder geht es darum, das eigene oder das seiner Mitarbeiter zu steigern. Warum es sinnvoll ist, dass man sich wohl fühlt? Weniger Stress, mehr Flow-Erlebnisse und daraus resultierend eine bessere Arbeitsleistung sind denkbare Vorteile. Wie sinnvoll Wohlbefinden ist, hat auch Dr. Markus Ebner in seinem neusten Buch hervorragend dar gestellt (Ebner, 2019).

Die nachfolgend beschriebene Forschung hat sich eben mit dem Wohlbefinden bei Selbstständigen befasst.

Eine Forschung zu Wohlbefinden

Die Daten der European Social Survey wurden herangezogen und daraus sechs Cluster gebildet (Bujacz et al., 2019). Diese Cluster reichten von „unglücklich“ (unhappy) bis „aufblühend“ (flourishing, siehe Abbildung 1 und 2).

Die so gebildeten Gruppen waren recht unterschiedlich. Dabei waren die größten Unterschiede zwischen den unglücklichen und aufblühenden in der Lebenszufriedenheit und Gesamtzufriedenheit zu finden. Sehr ähnlich verhielt es sich mit dem selbst wahrgenommen sozioökonomischen Status und dem Einkommen. Dabei schnitt die florierende Gruppe deutlich besser ab. Die mit 1/3 größte Gruppe war jedoch die, welche als zweit-unwohlste klassifiziert wurde („ermattet“, languishing). Diese Gruppe war zwar insgesamt leicht unzufrieden und unglücklich, ansonsten jedoch ziemlich durchschnittlich.

Die längsten Arbeitszeiten von allen Clustern sind bei dem zweit-zufriedensten („leidenschaftlich“, passionate) am wenigsten aus zu machen. Die Autoren schließen auch, dass dieser Cluster durch eine interessante und sinnhafte Tätigkeit zu seinem großen Wohlbefinden, trotz langer Arbeitszeiten, kommt.

Klassen von Selbstständigen Wohlbefinden-Faktoren
Abbildung 1. Psychische Faktoren. Übersetzung aus Bujacz et al. (2019)
Abbildung 2. Andere Faktoren. Übersetzung aus Bujacz et al. (2019)

Was bedeutet das für mich?

Für Sie bedeuten diese Ergebnisse höchstens, dass Sie versuchen sollten, einer Tätigkeit nach zu gehen, die Sie selbst zum größten Teil besonders interessant und sinnvoll finden. Manchmal kann es auch helfen, explizit einen Sinn in seinem Handeln zu suchen. Doch auch für Ihre Mitarbeiter kann dieser Sinn ein wichtiges Element für ihr Wohlbefinden sein, wie in unserem Artikel über das PERMA-Modell erläutert.

Eine wichtige andere Lehre aus dieser Forschung kann in einem alten Indianersprichwort gesehen werden: „Wenn das Pferd, dass Du reitest tot ist: steig ab.“.

Manchmal lohnt es sich, einen begonnenen Weg nicht weiter zu gehen. Doch wann dieser Moment gekommen ist, ist häufig schwer zu erkennen. Wir Menschen neigen dazu, schlechtem Geld (also „Lehrgeld“ oder Geld, das in den Sand gesetzt wurde) gutes Geld nach zu werfen. Wir halten manchmal an Entscheidungen fest, die eigentlich nicht mehr sinnvoll sind. Eine gewissen Offenheit, Neugierde und die Kenntnis dieses Sachverhaltes können dabei unterstützen, solchen Fallen aus dem Weg zu gehen.

Kennen Sie selbst solche Entscheidungen bei sich im Führungs- oder Lebensalltag? Schreiben Sie uns hier in die Kommentare oder einfach eine Mail.

Literatur

Albert, M. & Shell Deutschland Holding GmbH. (2015). Jugend 2015. Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch.

Bujacz, A., Eib, C., & Toivanen, S. (2019). Not All Are Equal: A Latent Profile Analysis of Well‐Being Among the Self‐Employed. Journal of Happiness Studies. Zuerst online erschienen. doi:10.1007/s10902-019-00147-1

Ebner, M. (2019). Positive Leadership. Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüssel zur High Performance. Wien: Facultas.

Spivack, A. J., McKelvie, A., & Haynie, J. M. (2014). Habitual entrepreneurs: Possible cases of entrepreneurship addiction? Journal of Business Venturing, 29(5), 651–667. doi: 10.1016/j.jbusvent.2013.11.002

van Gelderen, M. (2016). Entrepreneurial autonomy and its dynamics. Applied Psychology, 65(3), 541–567. doi: 10.1111/apps.12066

Leave a Reply