Change: Aus der Not eine Tugend machen

Wahrscheinlich kennen Sie es aus eigener Erfahrung oder haben es schon einmal gelesen: Rund 2/3 der Change-Prozesse in Unternehmen sind nicht wirklich erfolgreich. Entweder werden die neuen Prozesse nicht praxistauglich umgesetzt, oder das Ziel wird glatt verfehlt. Die häufigste Folge eines unglücklichen Changes sind jedoch demotivierte Mitarbeiter. Und da die Mitarbeiter ja bekanntlich das wertvollste „Gut“ in einem Unternehmen sind, lohnt es sich Veränderungen klug zu gestalten.

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Change in Zeiten von VUCA – World

In der VUCA – World ist Change nicht die Ausnahme, sondern leider häufig Alltagszustand. Für Organisationen die sich mit der heutigen VUCA-World konfrontiert sehen, ist ein – fast schon – immanenter wenn auch schleichender Change keine Seltenheit. Unter dieser permanenten Change-Situation leidet auch das Tagesgeschäft.

Den Faktor Mensch in den Mittelpunkt rücken

Viele Unternehmen machen sich im Vorfeld redliche Gedanken welche Veränderungen in Bezug auf Strukturen, Prozess und Strategien entstehen werden. Die Auswirkungen dieser Veränderungen auf den Faktor Mensch finden oftmals weniger Beachtung. Kein Wunder, wenn laut einer Studie (die Mutaree GmbH gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT durchgeführt hat), 55 % der Beteiligten realisieren, dass ihre persönlichen Bedürfnisse bei Veränderungen nicht wertgeschätzt werden. 95 % der an der „ChangEffect“ Studie teilnehmenden Unternehmen sind der Meinung „Viele Veränderungsprojekte wären erfolgreicher, würden Unternehmen neben der inhaltlichen auch die persönliche Ebene professionell begleiten.“

Das geheime Erfolgsrezept für jeden Change

Jede Veränderung hat ihre ganz eigenen „persönlichen“ Seiten. Die Herausforderungen bei der Einführung einer neuen Produktionstechnologie, beim „Verschmelzen“ von zwei Teams oder dem Umzug in ein neues Gebäude mit Open-Office, liegen in völlig unterschiedlichen Bereichen. Und genauso sind die zu erwartenden Benefits nicht zu vergleichen. Eine simple Erfolgsformel nach dem Motto „Erstens…, Zweitens…, Zehntens“ macht aus dieser Sicht wenig Sinn.

Ein geheimes Erfolgsrezept gibt es in meinen Augen nicht. Jeder Change sollte ganz individuell analysiert, geplant und umgesetzt werden. Und dennoch lassen sich einige Grundsätze finden, die man bei einem anstehenden Veränderungs-Prozess beachten sollte. So geheim sind diese jedoch auch wieder nicht.

Passende Führungskultur für turbulente Zeiten

Multiple Veränderungsprozesse unter den aktuellen VUCA-Bedingungen erfordern eine passende Führungskultur. Legen Sie ein Augenmerk auf die Gestaltung von Rahmenbedingungen für Kommunikation und fördern Sie die Zusammenarbeit. Ein adäquater Führungsstil in solch turbulenten Zeiten, hat weniger steuernde Anteile als vielmehr eine unterstützende Grundhaltung (Teece, 2007; Lenz, 2019)

Gerade in den wilden Zeiten des Change ist es eminent wichtig Führungsstärke zu zeigen. Mit Führungsstärke sind keine militärischen Ansagen wie „Geh rechts, geh links… geh geradeaus“ gemeint. Sondern Stärke im Sinne von „Positive Leadership“ und „Perma-Lead“.

Kommunikation als Prophylaxe für Change-Schmerzen

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Beginnen Sie frühzeitig Ihre Führungskräfte und möglichst auch Teile des Teams von den ersten Ideen zu informieren. Nehmen Sie sich Zeit für einen ausführlichen Dialog mit den Beteiligten. Eine Klassische Top-Down-Kommunikation am Schwarzen Brett oder zeitgemäßer im Social-Intranet, ist allerdings kein Dialog, sondern eher Monolog! Richten Sie Ihre volle Aufmerksamkeit auf das was von der Basis kommt. Freuen Sie sich auf die kreativen Ideen Ihrer Mitarbeiter, die per Bottom-Up-Kommunikation zu den Entscheidungsträgern transportiert werden. Hören Sie auf die Emotionen, Wünsche und Sorgen Ihrer Mitarbeiter. Nutzen Sie diese Informationen um daraus die künftige Vision für Ihre Organisation heraus zu kristallisieren. Miteinander reden und vor allem zuhören ist die Voraussetzung für eine wahre Beteiligung der Mitarbeiter. Wertschätzen Sie die persönliche Ebene mit den menschlichen Bedürfnissen Ihrer Belegschaft. So legen Sie ein solides Fundament für eine Feelgood-Kultur im Unternehmen.

Sicherheit in stürmischen Zeiten vermitteln

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Sicherheit gilt als eines der grundlegendsten Bedürfnisse für uns Menschen. Wen wundert es da, wenn in „unsicheren Zeiten“ des Changes, die Mitarbeiter förmlich in Dauer-Stress geraten. Da langanhaltender Stress ungesund ist und sich negativ auf die Leistung auswirkt, gilt es Sicherheit zu vermitteln. Dies wird umso wichtiger, wenn ein Veränderungsprozess den Nächsten jagt. „Je stürmischer die See ist, desto wichtiger wird für die Besatzung eine gute Sicherheits-Ausrüstung an Board Ihres Schiffes.“

Transparent und authentisch sein

Ein valides Mittel um das Sicherheitsbedürfnis der Mitarbeiter zu befriedigen ist eine transparente Kommunikation der anstehenden Veränderung (Vision, Ziele und Herausforderungen). Entwickeln Sie einen Masterplan mit klaren Vorgaben für die notwendigen Transformationen. Bleiben Sie dabei möglichst authentisch. Es bringt nichts um den heißen Brei zu reden. Es zahlt sich vielmehr aus, das Kind direkt beim Namen zu nennen. Berichten Sie regelmäßig über den aktuellen Stand und wie es weitergehen wird. Eine unkontrollierbare Gerüchteküche, die nur Ängste und Sorgen schürt, kann frühzeitig eingedämmt werden. So schaffen Sie es, das Vertrauen Ihres Teams auch bei einem schwierigen Transformationsprozess zu bewahren.

Sinnhaftigkeit

Kaum ein Tag vergeht an dem die Medien nicht über Klimawandel oder Nachhaltigkeit berichten. Immer mehr Menschen richten ihre Aufmerksamkeit auf diese neuen Werte. Finden Sie zum Beispiel heraus warum die Veränderung einen positiven Beitrag zur Schonung von begrenzten Ressourcen oder zur Verminderung von Energieverbrauch hat.

Idealerweise stehen die Veränderungen ganz im Einklang mit den Werten und Tugenden, wie sie in der Imagebroschüre (Website) Ihrer Organisation beleuchtet werden.

Studien belegen – Menschen können seelische und körperliche Schmerzen leichter ertragen, wenn sie einen Sinn darin erkennen. Die Sinnhaftigkeit des anstehenden Change-Prozesses kann leichter verstanden werden, wenn der Nutzen nachvollziehbar wird.

Herausforderungen versus Nutzen

Jeder Veränderungsprozess bringt erstmal zu bewältigenden Herausforderungen mit sich. Der Grund für Organisationen sich diesen Herausforderungen zu stellen liegt in dem zu erwartenden Nutzen. Ihre Führungskräfte machen einen guten Invest wenn sie sich um eine reichhaltige Darstellung der nachhaltigen Nutzen bemühen. Schildern Sie ausführlich welcher Nutzen auf den verschiedenen Ebenen zu erwarten ist. Benefits für das Unternehmen, die Kunden, das Team und im Idealfall auch für den einzelnen Mitarbeiter. Malen Sie bunte Bilder und denken Sie sich realistische Stories aus, welche positiven Effekte der anstrengende Veränderungsprozess hervorbringen wird.

Feedbackschleifen

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Komplexe Veränderungen beziehungsweise ihre Auswirkungen auf Systeme und Teams können nicht hundertprozentig vorhergesehen werden. Daher sind Feedback-Verfahren, die ein rasches Lernen ermöglichen von Nutzen. Holen Sie auch nach der realgewordenen Veränderung Feedback von allen Beteiligten ein. Vom Management genauso wie von den einzelnen Mitarbeitern. So können Sie rasch auf ungewollte Effekte sowie Stimmungsschwankungen im Team reagieren.

Wenn Sie diese Basics bei der Planung Ihres anstehenden Change-Projekts beherzigen, wird alles halb so wild. Achten Sie darauf, dass sich die Führungskräfte und Mitarbeiter auch wirklich beteiligt fühlen. Nutzen Sie zur erfolgreichen Umsetzung das kreative Potential, dass in den Köpfen der Menschen, in Ihrem Unternehmen, bereitsteht.

Literatur

Lenz, U. (2019). VUCA Umbrüche: Die neue Welt für Führung und Change. In: Schöler, A., Breidenbach, P., Fischer, P., Koch, A., Lenz, U., Nachtwei, J., Rascher, S., von Au, C. (Hrsg.). Der Mensch im Dschungel der Digitalisierung. Nr. 1, Ismaning: Fakultät für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für angewandtes Management, 16-19.

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